Dabei sein und mitreden! –
Digital zusammen!
Editorial
Liebe Leser*innen,
stellen Sie sich eine Welt vor, in der digitale Medien für alle Menschen zugänglich und verständlich sind – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten. In dieser Ausgabe unserer Schriftenreihe Dabei sein und mitreden! tauchen wir in das Thema der digitalen Barrierefreiheit ein und zeigen, wie wir die Gesellschaft inklusiver gestalten können.
Digitalisierung bietet eine große Chance: Informationen können so aufbereitet werden, dass jede*r sie auf ihre/seine Weise wahrnehmen kann. Wer nicht hören kann, sieht die Informationen. Wer nicht sehen kann, hört sie. Und wer nicht lesen kann, lässt sich Texte vorlesen.
In einem Interview mit Natalie Dedreux, einer Expertin, Aktivistin und Inkluencerin, erfahren wir, was Barrierefreiheit und Inklusion in einer digitalisierten Welt für sie bedeuten. Natalie teilt mit uns ihre Vision von einem inklusiven Zusammenleben. Unser Methodenteil ist gefüllt mit praxisnahen Projektideen für die Arbeit vor Ort. Hier findenSie eine Checkliste zur Planung und Durchführung inklusiver Jugend-Medien-Workshops sowie eine umfangreiche Sammlung an Methoden.
Carola Werning und Frederik Rößler von unserem Kooperationspartner barrierefrei kommunizieren! haben sie zusammengestellt. Ihre Beispiele zeigen, wie mit einfachen Mitteln und in wenigen Schritten inklusive Jugend-Medien-Workshops für heterogene Zielgruppen umgesetzt werden können. Zusätzlich in dieser Publikation: Definitionen von wichtigen Begriffen in Einfacher Sprache. So können alle das Thema Digital zusammen besser verstehen.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und hoffen, dass diese Ausgabe eine Unterstützung für Ihre inklusive Jugendmedienarbeit vor Ort bietet.
Das Team der LAG LM

Übersetzungen in Einfacher Sprache
Behinderung
Der Begriff Behinderung kommt von dem Wort „hindern“.
Das bedeutet, dass etwas schwer ist oder nicht geht.
Manchmal kann jemand etwas nicht so gut.
Oder jemand wird an etwas gehindert.
Es gibt verschiedene Formen von Behinderung.
Zum Beispiel:
Ein Mensch kann nicht gut sehen.
Das nennt man Seh-Behinderung.
Oder ein Mensch kann nicht gut laufen.
Das nennt man Geh-Behinderung.
Für manche Menschen ist es schwer,
sich etwas zu merken. Oder etwas Neues zu lernen.
Das nennt man manchmal geistige Behinderung.
Oder man spricht von Menschen mit Lern-Behinderung.
Das sind nur ein paar Beispiele,
denn alle Menschen sind verschieden.
Jeder Mensch kann etwas gut oder nicht so gut.
Es ist wichtig, dass wir die Talente von Menschen erkennen.
Und es ist wichtig, dass wir diese Talente fördern.
Dadurch wird unsere Gesellschaft bunt und vielfältig.
In der Wissenschaft forschen Menschen zum Thema Behinderung.
Sie entwickeln Modelle von Behinderung.
Das Modell beschreibt die Art, wie wir über Behinderung nachdenken.
Ein wichtiges Modell ist das soziale Modell von Behinderung.
Das Modell sagt:
Eine Behinderung ist nicht etwas, das eine Person hat.
Sondern eine Behinderung entsteht, wenn die Welt nicht für alle Menschen gemacht ist.
Dann wird die Person von ihrer Umwelt behindert.
Ein Beispiel:
Wenn ein Gebäude nur Treppen hat, ist das ein Problem für jemanden im Rollstuhl.
Das Problem ist nicht die Person im Rollstuhl.
Das Problem ist, dass das Gebäude nicht für Menschen im Rollstuhl gemacht ist.
Das soziale Modell von Behinderung sagt also:
Die Welt muss sich ändern, damit sie für alle Menschen funktioniert.
Die Menschen sollen so sein können, wie sie sind.
Und alle Menschen müssen die gleichen Chancen haben.
Barriere-Freiheit
Barrieren sind Hindernisse oder Schwierigkeiten.
Barriere-Freiheit heißt also:
Alles ist so gemacht, dass es alle Menschen nutzen können.
Zum Beispiel:
Ein Gebäude ist barriere-frei, wenn alle Menschen hineingehen können.
Auch Menschen mit Rollstuhl oder mit Kinderwagen.
Es gibt keine Treppen.
Oder es gibt einen Aufzug.
Barrierefreiheit gilt auch für Informationen.
Das bedeutet:
Alle Menschen sollen Informationen verstehen können.
Zum Beispiel Nachrichten oder Bücher.
Dafür gibt es die Leichte Sprache.
Die Leichte Sprache hilft Menschen, Texte besser zu verstehen.
Es gibt auch Barrieren in den Köpfen von vielen Menschen.
Barrieren können zum Beispiel Vorurteile sein.
Wenn jemand denkt, dass eine Person mit Behinderung etwas nicht kann.
Oder dass eine Person mit Behinderung auf eine bestimmte Art sein muss.
Oder dass eine Person mit Behinderung immer Hilfe braucht.
Es gibt also Barrieren, die man sehen und anfassen kann.
Und es gibt unsichtbare Barrieren.
Es lohnt sich, über Barrieren zu sprechen.
Dann bekommen wir mehr Verständnis füreinander.
Barriere-Freiheit ist wichtig.
Denn alle Menschen haben das Recht,
alles nutzen und verstehen zu können.
Der Begriff Digitalisierung beschreibt einen Prozess.
Prozess heißt: etwas wird umgewandelt oder verändert sich.
Bei der Digitalisierung wird etwas Analoges in etwas Digitales verwandelt.
Analog sind Dinge, die man anfassen kann.
Zum Beispiel einen Brief, bevor man ihn abschickt.
Digital sind Dinge, die im Computer sind.
Zum Beispiel eine E-Mail, die man an eine andere Person schickt.
Digitalisierung passiert in allen Bereichen der Gesellschaft:
In der Freizeit, in der Schule oder bei der Arbeit.
Oft bedeutet Digitalisierung:
Dinge mit dem Computer zu machen, die man früher ohne Computer gemacht hat.
Einige Beispiele für Digitalisierung sind:
Statt Schreib-Maschinen nutzen wir Computer.
Statt einem Foto-Apparat nutzen wir unser Smart-Phone.
Statt von Menschen werden viele Arbeiten von Robotern gemacht. Zum Beispiel bei der Produktion in einer Fabrik.
Digitalisierung verändert auch, wie wir miteinander sprechen:
Wir verabreden uns über Apps wie WhatsApp oder Signal.
Wir treffen uns nicht nur im Jugend-Zentrum,
sondern auch in digitalen Räumen.
Zum Beispiel in einer Video-Konferenz.
Oder in einem Chat-Kanal.
Teilhabe bedeutet:
Jeder kann bei allem dabei sein.
Niemand wird ausgeschlossen.
Alle Menschen haben das Recht auf Teilhabe.
Zum Beispiel in der Schule, bei der Arbeit
oder in der Freizeit.
Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben.
Es ist egal, wer man ist.
Es ist egal, wo man herkommt.
Es ist egal, wie gut man etwas kann.
Ein Beispiel für Teilhabe ist:
Ein Kind mit Behinderung möchte eine Grund-Schule besuchen.
Es kann zu einer Grund-Schule in der Nähe von seinem Haus gehen.
Es bekommt eine Assistenz-Kraft, um besser lernen zu können.
Und um leichter Freunde in der neuen Klasse zu finden.
Die Schule bekommt mehr Lehrer*innen, um guten Unterricht für alle zu machen.
Das ist Teilhabe.
Ein anderes Beispiel:
Ein Mann mit Seh-Behinderung möchte ins Kino gehen.
Er kann im Internet Tickets kaufen, da die Internet-Seite barriere-frei ist.
Er bekommt Hilfe, um das Popcorn zu seinem Platz zu tragen.
Er benutzt eine App, um die Bild-Beschreibung über sein Smart-Phone zu hören.
Später redet er im Café vor dem Kino mit anderen Menschen über den Film.
Auch das ist Teilhabe.
Man merkt also:
Teilhabe und Barriere-Freiheit gehören zusammen.
Teilhabe ist aber mehr als Barriere-Freiheit.
Teilhabe kann es nur geben, wenn die Barrieren abgebaut sind.
Und wenn wir als Gesellschaft offen für alle sind.
Ganz egal, wer man ist.
Partizipation heißt:
Man kann mitmachen.
Man kann Entscheidungen treffen.
Man kann seine Ideen einbringen.
Zum Beispiel in einer Gruppe,
in einem Verein oder in der Politik.
Häufig sagt man statt Partizipation auch Beteiligung.
Wenn man ein Fest plant,
dann heißt Partizipation zum Beispiel:
Man kann entscheiden, wann das Fest ist.
Man kann entscheiden, wer eingeladen wird.
Man kann das Programm bestimmen.
Es ist wichtig, dass Menschen früh beteiligt werden.
Nicht nur bei der Planung von Veranstaltungen.
Auch bei der Planung von Gebäuden.
Oder bei politischen Programmen.
Denn Partizipation ist für alle hilfreich:
Mehr Menschen können Ideen geben.
Mehr Menschen können ihre Stärken einbringen.
Und die Interessen von mehr Menschen werden gesehen.
Durch den Austausch lernen die Menschen voneinander.
Partizipation heißt also:
Man ist nicht nur einfach dabei,
sondern gestaltet mit.
Interview mit der Aktivistin Natalie Dedreux
Wir leben in einer digitalen Welt und sind tagtäglich von digitalen Medien umgeben. Ist Digitalisierung eine Chance, die Gesellschaft inklusiver zu gestalten? Wie genau kann das funktionieren? Was bedeuten Barrierefreiheit und Inklusion in einer digitalen Welt? Und wie kann ein inklusives Zusammenleben aussehen? Das Team der LAG LM stellte diese Fragen Expertin und Inkluencerin Natalie Dedreux. Natalie ist Aktivistin, Journalistin, Autorin und Bloggerin aus Köln, 25 Jahre alt und hat das Down-Syndrom. Sie arbeitet u. a. beim Ohrenkuss, ist erfolgreich auf Instagram (@natalie.dedreux) und setzt sich für Menschen mit Down-Syndrom ein. Sie hat bereits zahlreiche Interviews gegeben, für das Netzwerk EU for Trisomy21 eine Rede im Europäischen Parlament gehalten und war in den großen Talkrunden der deutschen Fernsehlandschaft zu Gast. In ihrem Buch „Mein Leben ist doch cool“ schreibt sie über ihre Gedanken, Ansichten und politischen Vorstellungen.

Lidia: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview mit uns genommen hast. Kannst du dich bitte einmal kurz vorstellen und in deinen Worten erzählen, wer du bist?
Natalie: Ich bin Natalie Dedreux, ich bin 25 Jahre alt und ich bin Aktivistin. Ich zeige mich der Gesellschaft und möchte mich sichtbar machen und zeigen, wer wir sind. Und dafür nutze ich auch Instagram.
Lidia: Neben Instagram, welche Medien nutzt du sonstnoch gerne und warum?
Natalie: Ich benutze gerne Instagram, weil man da vielposten und zeigen kann. Außerdem nutze ich auchandere Medien, wie z. B. YouTube. Ich nutze viel das Internet. Ich sehe mir sehr gerne Videos an. Dabei schaue ich einfach, was es so gibt, schaue alles querbeet.
Rebecca: Was genau machst du als Aktivistin und als Journalistin? Welche Themen interessieren dich undwofür setzt du dich ein?
Natalie: Ich bin Journalistin geworden, weil ich diese Arbeit sehr gerne mache. Und ich möchte für die Menschen mit Down-Syndrom kämpfen.
Rebecca: Was bedeutet für dich Barrierefreiheit?
Natalie: Für mich ist Barrierefreiheit extrem wichtig, z. B. dass es Texte auch in Leichter Sprache gibt, sodass Informationen für alle Menschen zugänglich sind.
Lidia: Und was bedeutet für dich Inklusion?
Natalie: Für mich bedeutet Inklusion sehr, sehr viel. Miteinander leben, aber auch miteinander reden ist wichtig. Dass man uns zuhört und dass wir [Menschen mit einer Behinderung, Anm. d. Red.] auch dazugehören.
Lidia: Glaubst du, dass Digitalisierung hilft, Inklusion voranzutreiben?
Natalie: Ja, auf jeden Fall. Aber es kann natürlich nur dann funktionieren, wenn man auch im Internet alles barrierefreier macht. Und wenn man über Menschen mit Behinderungen informiert. Wenn es keine Informationen gibt, dann wird es schwierig.
Lidia: Das stimmt. Wir haben z. B. den Eindruck, dass durch Social Media mehr Leute und ganz verschiedene Menschen die Möglichkeit bekommen, sich zu zeigen und ihre unterschiedlichen Lebenswelten vorzustellen.
Natalie: Ja, genau. Ich finde es gut, sich zu zeigen, weil man sieht, dass wir dazugehören und dass wir was zu sagen haben.
Lidia: Wir haben gesehen, dass du 15.000 Follower auf Instagram hast. Richtig viele Menschen, die dir folgen. Bist du manchmal deswegen nervös, wenn du etwas postest, weil so viele Menschen deine Beiträge sehen?
Natalie: Ja, manchmal schon, aber es geht.
Rebecca: Gibt es Vorurteile, die dir auch schon mal begegnet sind und mit denen du gerne aufräumen möchtest?
Natalie: Ja, auf jeden Fall. Ein Vorurteil ist, dass die Menschen denken, dass wir nichts können und dass wir gar nicht erst politisch was sagen können. Aber das stimmt ja alles nicht.
Lidia: Wir haben gesehen, dass du z. B. beim Europäischen Parlament warst und eine Rede gehalten hast. Und dass du im Fernsehen Angela Merkel eine Frage gestellt hast. Das erfordert sehr viel Mut.
Rebecca: Wie war es für dich, beim Europäischen Parlament oder mit Angela Merkel zu reden?
Natalie: Ja, also das war schon cool, auch weil Angela Merkel sehr nett war. Aber es gibt Leute im Parlament, die können auch anstrengend sein.
Lidia: Wie stellst du dir ein gutes Zusammenleben in der Gesellschaft vor?
Natalie: Ich stelle mir das so vor, dass wir gut zusammen und miteinander leben können. Dass wir mehr divers sind in der Gesellschaft und dass es auch sehr wichtig ist, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben können.
Lidia: Gibt es noch etwas, was du ergänzen und unseren Leser*innen mitgeben möchtest?
Natalie: Ja, ich möchte sagen: Wir sind auch coole Menschen, und es ist wichtig, dass man uns ernst nimmt!

Ohrenkuss ist ein Kulturmagazin und Online-Blog. Es wurde 1998 gegründet. Alle Texte im Magazin werden von Menschen mit Down-Syndrom geschrieben. Webseite: https://www.ohrenkuss.de/
EU for Trisomy 21 ist ein Netzwerk verschiedener Organisationen und Initiativen von Eltern aus ganz Europa, die daran arbeiten, das Leben von Menschen mit Down-Syndrom auf lokaler Ebene zu verbessern. Webseite: https://www.eufortrisomy21.eu/de/
Barriere-Bingo 2.0:
Tolle Tools, die helfen!
Sich mit Jugendlichen über das Thema Behinderung auszutauschen – geht das auch in cool?
Der Einstieg gelingt oft leichter über die Technik: Auf jedem Gerät – ob Laptop, Tablet oder Smartphone – sind mittlerweile zahlreiche assistive Tools integriert bzw. können als kostenfreie App oder Browservariante einfach ausprobiert werden. Die Tools helfen, wenn man nicht (gut) sehen, lesen, hören, verstehen kann bzw. wenn man motorische Einschränkungen hat. Sie sind spannend, z. B. wenn – auch durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz – Bilder detailreich beschrieben werden, schwere Sprache in Sekundenschnelle in Einfache Sprache umgewandelt wird oder Spracherkennungstools beinahe perfekt und in hoher Geschwindigkeit alles Gesprochene in Text zum Mitlesen umwandeln. Vor diesem Hintergrund wurde das Barriere-Bingo entwickelt.
Das Barriere-Bingo will:
- Heranwachsende durch die Kenntnis, welche assistiven Tools sie quasi in ihrer Hosentasche mit sich herumtragen, empowern: Sie lernen Tools kennen, die ggf. bei eigenen Einschränkungen helfen oder die sie anderen weiterempfehlen können.
- Berührungsängste gegenüber dem Thema Behinderung abbauen, indem gezeigt wird, welche Möglichkeiten digitale assistive Tools für selbstbestimmte Teilhabe bieten.
- Infos rund um inklusive Kommunikation auf Augenhöhe vermitteln.

- Auseinandersetzung mit den Bingo-Aufgaben durch die Projektleitung – Kennenlernen der Online-Ressourcen und Ausprobieren der assistiven Tools auf eigenen Geräten, um bei Bedarf Projektteilnehmende unterstützen zu können.
- Impulse für Gesprächsrunde überlegen, z. B.: Was ist eine Behinderung? Welche Behinderungen kennt ihr (persönlich) aus den Medien, aus der Schule, aus der Familie? Wie wirken sich diese Behinderungen aus auf die Kommunikation, beim Zugang zu Medien, bei der Mobilität, bei der allgemeinen Teilhabe? Kennt ihr Mittel bzw. Technologien, die helfen, dass eine Behinderung weniger behindert
- Ablauf entsprechend den Voraussetzungen vor Ort (Zeitrahmen, Gruppengröße) planen.
Einstieg ins Thema Behinderung:
- Austausch und Feststellung des Wissensstands der Gruppe durch die Impulsfragen.
- Impuls-Video zeigen: z. B. iOS Switch Control Demo (Todd Stabelfeldt demonstriert, wie er mit einem Zungen-Schalter das iPhone bedient).
- Überleitung: Gemeinsam in Kleingruppen entdecken, welche spannenden digitalen Tools es gibt, um Einschränkungen auszugleichen, sowie sich mit dem Thema Behinderung auseinandersetzen.
Ablauf und Regeln des Barriere-Bingo-Spiels:
- Kleingruppen bilden (z. B. 2–4 Teilnehmende/Gruppe), wobei jede Gruppe verschiedene digitale Geräte zur Verfügung hat (ein Laptop bzw. Tablet, mobile Geräte wie Smartphones).
- Auf dem Laptop/Tablet sowie auf der Beamer-Leinwand ist das Barriere-Bingo geöffnet.
- Die Gruppen suchen sich nach Belieben eine Bingo-Reihe aus und bearbeiten die Aufgaben und Fragestellungen. Die Gruppe, die zuerst fertig ist, ruft „Bingo!“.
- Die Teilnehmenden kommen zusammen, und die Gruppe mit dem Bingo präsentiert ihre Ergebnisse.
- Das Bingo wird so lange fortgesetzt, bis alle Bingo-Reihen gelöst sind (alternativ: bis die zur Verfügung stehende Zeit vorbei ist).
- Die Barriere-Bingo-Methode wurde ursprünglich als analoge Variante von David Krützkamp und Johannes Benedix erstellt: www.inklusive-medienarbeit.de/barriere-bingo
- Im Zuge der Corona-Einschränkungen wurde diese Methode als Online-Variante adaptiert und die erste Version des Barriere-Bingos entwickelt: Diese enthielt mehr Aufgaben und richtete sich an junge Erwachsene (z. B. Studierende, Freiwillige etc.) sowie pädagogische Fachkräfte. Ziel war die Entwicklung einer online durchführbaren Methode als Alternative zum Erlebnisparcours der Stiftung barrierefrei kommunizieren!, in dem spannende assistive Tools kennengelernt und ausprobiert werden können: https://www.stiftung-barrierefrei-kommunizieren.de/unsere-arbeit/erlebnisparcours
- Das hier beschriebene Barriere-Bingo richtet sich an Jugendliche: Die Aufgaben sind reduziert und vereinfacht und enthalten neue technische, KI-basierte Tools.
- Das Barriere-Bingo kann wie beschrieben in Präsenz durchgeführt werden und eignet sich natürlich auch weiterhin als Online-Methode.
Teste die App Be My Eyes – wie gut hat bei dir die Bildbeschreibung funktioniert?
Infos zu Be My Eyes
Die App Be My Eyes gibt es schon lange. Sie kostet nichts und es gibt sie für Android und iOS. Sie funktioniert so:
- Eine blinde Person kann etwas nicht sehen, und es ist gerade niemand da, den sie fragen kann.
- Sie ruft über die App Be My Eyes eine Person an, die sich dort als sehende Hilfe angemeldet hat.
- Die sehende Person beschreibt der blinden Person, was sie über die Gerätekamera der blinden Person sieht. Aber man möchte vielleicht nicht immer eine fremde Person anrufen. Daher wurde in die App Chat GPT4 eingebaut, das nicht nur Texte schreiben, sondern auch Bilder beschreiben kann.
- Teste den Textvereinfacher: Kopiere einen Text in die linke Spalte Alltagssprache und starte die Übersetzung.
- Wie findest du die Übersetzung in Einfache Sprache? Stimmt der Inhalt?
- Probiere auch gern mehrere Übersetzungen des gleichen Textes aus. Was fällt auf?
Hintergrund: Einfache und Leichte Sprache
- Der Einfache-Sprache-Übersetzer ist ein Tool vom FC St. Pauli und basiert auf Chat GPT4.
- Das Tool wurde mit einigen Prompts, basierend auf den Regeln für Leichte Sprache, verknüpft. Info: Prompts nennt man Eingaben, die an ein KI-System gerichtet sind.
- Leichte Sprache ist für Menschen mit sog. geistigen Behinderungen bzw. Lernschwierigkeiten. Übersetzungen in Leichter Sprache werden immer von der Zielgruppe überprüft. Dafür gibt es spezielle Agenturen.
- Einfache Sprache ist ein bisschen schwieriger – Zielgruppe sind z. B. Menschen, die eine Sprache (noch) nicht gut können, funktionale Analphabeten oder auch gehörlose Menschen mit der Muttersprache Deutsch.
- Weitere Informationen zur Leichten bzw. Einfachen Sprache unter https://inklusiv.online/ratgeber/leichte-sprache-vs-einfache-sprache-beispiel-unterschiede/.
- Such dir ein Tier im Gebärdenlexikon Spread The Sign aus (https://spreadthesign.com)
- Übe die Tiergebärde und führe sie den anderen vor.
- Die anderen müssen raten: Welches Tier wird gebärdet?
- Zusatz: Sind Gebärdensprachen in allen Ländern gleich?
Hintergrund: Gebärdensprache● Auf der Webseite nicht stumm! findet man viele spannende Infos rund ums Thema Gehörlosigkeit und Gebärdensprache: https://nicht-stumm.de/
- Be My AI: KI-Funktion in der Be My Eyes-App: https://www.inklusive-medienarbeit.de/be-my-ai/
- Einfache-Sprache-Übersetzer (FC St. Pauli): https://www.inklusive-medienarbeit.de/einfache-sprache-uebersetzer-fc-st-pauli● Spread The Sign: https://www.inklusive-medienarbeit.de/spreadthesign/
Dozentin und Redakteurin für digitaleBarrierefreiheit und Inklusion. Arbeitet alsRedakteurin und pädagogische Mitarbeiterinfür barrierefrei kommunizieren! der tjfbggGmbH und als Projektassistentin imNetzwerk Inklusion mit Medien – nimm!.
Methodischer Teil
Auch blinde und sehbehinderte Jugendliche nutzen soziale Medien. Wie kann man einen Einführungsworkshop rund um die Themen soziale Medien, Datenschutz und Cybermobbing gestalten, der für diese Zielgruppe zugänglich ist?
Hier werden vier Methoden aus einem Einführungsworkshop vorgestellt – und wie man sie für blinde und sehbehinderte Teilnehmende anpassen kann. Im Workshop sollen die Jugendlichen ihr Mediennutzungsverhalten reflektieren und sich mit dem Thema Cybermobbing auseinandersetzen. Die einzelnen Methoden sind hinsichtlich ihres Aufwands sehr unterschiedlich. Sie können separat umgesetzt oder kombiniert werden.

- Computer, Beamer, Lautsprecher, Internetzugang
- Karten mit Mediensymbolen
- Magnettafel, Magnethaken, flache Magnete und Schnurz Anybook Audiostift (ggf. mit Kopfhörer), dazugehörige (besprechbare) Audio-Sticker, Holzbausteine
- iPad mit App Book Creator (alternativ kann dieWebseite von Book Creator auch auf einem Lap-top/PC genutzt werden)
- Karten mit Mediensymbolen (Smartphone, TV, Lesen, PC, Gaming, Musik) laminieren und mit Braille-Punktschrift versehen
- Aufgabe: Die Teilnehmenden erhalten je sechs Medienkarten. Alle wählen jeweils die drei wichtigsten Medien(k)arten aus. Durch die Braille- Laminierung
sind die Karten auch für blinde Teilnehmende zugänglich.
Alle Karten zu einem Balkendiagramm anordnen: Welche Medien werden am häufigsten genutzt? - Ergebnisse verbalisieren und besprechen: Warum spielen einige Medien eine so große Rolle? Womit beschäftigen sich die Teilnehmenden genau? Apps, Spiele, YouTube-Kanäle, soziale Netzwerke, Suchmaschinen sammeln und Fragen diskutieren wie: Ab wann sollten Kinder ein Smartphone besitzen? Wie viel Medienzeit am Tag ist gut?
Aufgabe: In Kleingruppen eigene fühlbare Netzwerke
erstellen. Zunächst wird der Name aller Teilneh
–
menden in eine Ecke der Tafel geschrieben (evtl. mit
einer kleinen Zeichnung) und dazu ein Magnethaken
platziert. Nun die Magnethaken mit einer Schnur
verbinden, sodass sich ein tastbares Netzwerkmo
–
dell ergibt. Um die Personen weitere persönlich
wichtige Menschen ergänzen, z. B. um die Namen
von Freunden, Eltern, Geschwistern, Lehrer*innen,
Mitgliedern aus dem Sportverein. Neben diesen
Namen ebenfalls Magnethaken platzieren. Nun die
Namen (bzw. Magnethaken) mit Schnüren verbinden,
sodass deutlich wird, wer mit wem verbunden ist. Es
bildet sich ein fühlbares Netzwerk.
Direkt unter jedem Magnethaken einen AnybookSticker (z. B. auf weiteren Magneten) platzieren und
den Namen der dazugehörigen Person mit dem
Anybook Audiostift einsprechen. So erfahren auch
die blinden Teilnehmenden, aus welchen Personen
sich das fühlbare Netzwerk zusammensetzt.
z Diskussion: Gibt es Unterschiede zwischen dem
realen persönlichen Netzwerk und sozialen Netzwerken im Internet? Welche Personen tauchen dort
auf? Welche Infos geben die Teilnehmenden von sich
im Internet preis? Würden sie alle Informationen
über sich auch an alle Personen in dem Netzwerk
weitergeben?

Aufgabe: Gruppen erhalten Anybook Audiostift und
Holzbausteine, die vorher mit Anybook-Stickern
beklebt und mit verschiedenen privaten Daten besprochen worden sind. Welche Informationen sind
besonders sensibel? Die Bausteine sollen in eine
Reihenfolge gebracht werden. Daten/Infos müssen
sich nicht klar ordnen lassen, sondern sollen zum
Diskutieren anregen.
z Diskussion: Was wäre, wenn diese privaten Informationen nicht geschützt, sondern öffentlich wären?
Wofür ist Privatsphäre gut? Was passiert mit persönlichen Daten im Internet?
Aufgabe: Video Was ist eigentlich Cybermobbing?
von Handysektor.de auf YouTube anschauen
(funktioniert auch als reine Audiofassung). Kleingruppen wird jeweils eine Person/Rolle aus dem
Video zugewiesen (z. B. Betroffene*r, Täter*innen,
Mitläufer*innen …). Die Kleingruppen erstellen eine
Gedanken-Collage der jeweiligen Person(en) und setzen sie als Audioaufnahme auf einer vorbereiteten
Seite in Book Creator um.
z Systematik von Cybermobbing zusammen erarbeiten und von einfachem Streit abgrenzen. Welche
Rollen gibt es bei Cybermobbing?
Die Methoden ermöglichen vielseitige Zugänge:
durch (vorlesbaren) Text, Bild, Audio und fühlbare
Elemente.
z Bei Fotos und Grafiken in Book Creator immer an
Alternativtexte denken!
Teilnehmenden ermöglichen, eigene Geräte zu
verwenden, wenn diese an persönliche Bedürfnisse
angepasst sind.
z Viel beschreiben und handlungsbegleitend verbalisieren.
z Sich vorab über die Gruppe informieren und die
Methoden entsprechend an die Fähigkeiten und
Voraussetzungen der Teilnehmenden anpassen.
z Fachkräfte/Eltern einbeziehen: So werden auch
diese zu einer Auseinandersetzung mit den Themen
angeregt und können bei der Kleingruppenarbeit unterstützen. Achtung: Die Anwesenheit von Fachkräften/Eltern kann bei der Auseinandersetzung über
sensible Themen auch hemmen!
z Das Video Truth be told auf dem YouTube Kanal von
klicksafegermany rund ums Thema sensible Daten
funktioniert auch als reine Audiofassung sehr gut.
Im Workshop sollte genug Zeit für den Austausch mit
den Jugendlichen eingeplant werden – viele nutzen
bereits sehr früh digitale Medien und haben viel zu
berichten. Die Methoden bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für Diskussion – besonders eignet sich
der Workshop daher als Einstieg in die Medienarbeit
mit einer Gruppe und zum gegenseitigen Kennenlernen. Nach der inhaltlichen Auseinandersetzung kann
man die Themen dann durch kreative Medienarbeit
(z. B. mit Foto, Film, Audio) vertiefen.
- Bedienungshilfen in iOS aktivieren (Zoom
und VoiceOver): www.youtube.com/
watch?v=Z43ERCJEjWI&t=4s - Anleitung Book Creator: www.medienarbeit-nrw.
de/angebot/publikationen/interaktiv-plus-onlinelesen/#bookcreator - Anleitung Anybook Audiostift:
www.inklusive-medienarbeit.de/anybook-audiostift/ - Infos zu Alternativtexten: www.nimm-akademie.nrw/
foto-video/foto-video-barrierefrei/ - Book-Creator-Vorlage „Workshop Mediennutzung“
von Fred Rößler: https://read.bookcreator.com/
WOv94zSlivTdOhjKTcd7ubzL4Tf1/IQRp9Ea_RgeFO7GFAhKtJQ - Braille-Drucker:
www.offene-schule-koeln.de/news-reader/mitdem-braille-drucker-zu-mehr-teilhabe/;www.thkoeln.de/hochschule/barrierefreielehre_87574.php
Arbeitet als Medienpädagoge für barrierefrei
kommunizieren! der tjfbg gGmbH und
ist Teil des nimm!-Kompetenzzentrums für
inklusive Medienarbeit.
Checkliste für die Planung und Durchführung von inklusiven Jugend-Medien-Workshops
Inklusion ist ein Menschenrecht, und die Teilhabe in allen Lebensbereichen ist die Grundlage für eine vielfältige und gleichberechtigte Gesellschaft. Eine Veranstaltung inklusiv zu planen, erfordert einige Vorüberlegungen, damit alle Menschen gleichermaßen teilnehmen können. Viele dieser Vorüberlegungen können in einfachen Schritten in die Praxis umgesetzt werden.

- Bedarf der Jugendlichen ermitteln: Interessen und Bedürfnisse identifizieren.
- Klare Ziele für den Workshop definieren: Was soll vermittelt und bearbeitet werden?
- Klären, welche Jugendlichen teilnehmen, einschließlich möglicher Behinderungen.
- Barrierefreie Räumlichkeiten wählen mit Zugang für alle Teilnehmer*innen.
- Auf Bedürfnisse wie Rollstuhlgerechtigkeit, barrierefreie Toiletten und Ruhebereiche achten.
Praxis-Tipp: Ein Plan für alle Fälle
Pläne für den Notfall sind wichtig – gibt es beispielsweise genug Platz, dass mehrere Rollstuhlfahrer*innen gleichzeitig das Gebäude verlassen können? Gibt es Personen, die andere Personen unterstützen können, falls diese Hilfe benötigen? Ein Konzept, das verschiedene Bedürfnisse von vornherein berücksichtigt, sorgt für mehr Teilhabe für alle.
- Verwendung Einfacher Sprache und visueller Hilfsmittel.
- Informationen in verschiedenen Formaten anbieten (z. B. Leichte Sprache, Gebärdensprache, visuelle Symbole).
Praxis-Tipp: Klar – man macht dort Werbung, wo auch die Zielgruppe zu finden ist. Oft ist es aber auch hilfreich, andere Kanäle zu nutzen, um eine heterogene Gruppe von Menschen anzusprechen. Es ist wichtig, möglichst klar und verständlich zu schreiben und zu sprechen. Hier können Leichte und Einfache Sprache hilfreich sein, genauso wie die Verwendung von Illustrationen und Piktogrammen. Elementar ist ein gutes und übersichtliches Design – das hilft allen Menschen. Auch das Drehen von einfachen Videos für Social Media oder den eigenen Internetauftritt ist hilfreich. Dabei ist es auch möglich und wünschenswert, die Zielgruppe einzubinden.
- nimm!-Akademie:
www.nimm-akademie.nrw/digital-zusammen - Projekte mit Jugendlichen mit Fluchterfahrung:
www.medienarbeit-nrw.de/projekte/digital-dabei/praxistipps/ - nimm!-Tool-Tipps:
www.inklusive-medienarbeit.de/tool_tipps/