Filmgestaltung mit dem Tablet
Einmal selbst vor oder hinter der Kamera stehen oder einen Animationsfilm zu drehen – das ist für viele Jugendliche ein Traum, den wir im Rahmen von Medienprojekten vor Ort erfüllen können.
In der Vergangenheit scheiterten Filmprojekte oft an teurer Technik oder mangelndem Fachwissen zu Schnitt oder Kameranutzung. Mit Tablets und passenden Apps können kleine Filmprojekte inzwischen von allen gutumgesetzt werden.
In der neuen interaktiv plus zeigen wir, wie’s geht!

Einleitung
Für den medienpädagogischen Einsatz kommen verschiedene Hard- und Softwaresysteme infrage. iPads von Apple laufen mit dem Betriebssystem iOS, Tablets anderer bekannter Unternehmen mit Android oder Windows. Wir verwenden nachstehend den Begriff Tablet. Sie alle eignen sich für die medienpädagogische Arbeit. Ähnlich wie bei Smartphones gibt es geringfügige Abweichungen in der Menüführung. Für alle Tablets finden sich eine nahezu identische Auswahl an Apps, also Programme, die den eigenen Bedarfen angepasst werden können.
Tablets bieten abwechslungsreiche Nutzungsmöglichkeiten in der außerschulischen Jugendmedienarbeit und ein immenses Potenzial für die medienpädagogische Praxis. Sie können z. B. als hilfreiche Werkzeuge mit vielfältigen vorinstallierten Funktionen in der inklusiven medienpädagogischen Arbeit und bei Sprachbarrieren zum Einsatzkommen. Außerdem können aufgrund der integrierten Kamera unkompliziert Filmaufnahmen gemacht werden. Durch die einfache Bedienung der Technik lassen sich auch Nutzergruppen mit geringem technischen Interesse ansprechen und fürs Mitmachen begeistern. Die Arbeit mit dem Tablet bietet also einen schnellen Einstieg in die Herstellung von Filmen, denn die Handhabung eines Tablets kann man intuitiv erlernen. Für die Jugendlichen stellen sich rasch gute Ergebnisse und somit Erfolgserlebnisse ein.
Wichtig
- Bei Nutzung privater Tablets müssen Privatdaten geschützt werden
- Dateien, Fotos etc. Dritter dürfen nicht auf Projekt-Tablets kopiert werden
Vorteile
- viele barrierefreie Möglichkeiten
- vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten
- intuitive Bedienung
- schnelle Ergebnisse
- fördert Kreativität
- Nachbearbeitung und Übertragbarkeit auf andere Tablets

- Wie soll der fertige Film an die Projektteilnehmenden weitergegeben werden?
- Wird zur Übertragung der Daten WLAN benötigt?
- Wo sollen die Daten gespeichert werden (intern auf dem Gerät oder auf einer Speicherkarte)? Ist genügend Speicherplatz vorhanden?
- Dürfen zusätzliche Apps installiert werden (evtl. anfallende Kosten)?
- Ist das Mitbringen von Lade- und Verbindungskabeln nötig?
Bevor der Dreh beginnt…
Mithilfe von Storyboard Animator für iOS oder Ray Story Board für Android
Damit beim Drehen kein Chaos entsteht, ist es wichtig, vor Drehbeginn die Szenen des Films zu planen. Helfen kann dabei ein Storyboard. Das ist die visualisierte Version eines Drehbuchs. Alle (Kamera-)Einstellungen und Regieanweisungen werden festgelegt und nachvollziehbar. Für alle Tablets gibt es ein Angebot von kostenfreien sowie kostenpflichtigen Apps. Mittels Zeichnens, Arrangierens, Schreibens und Animierens auf einem Bedienfeld wird ein Storyboard erstellt. Elemente aus anderen Apps können per Drag-and-drop importiert werden, z. B. Texte oder Fotos. Die einzelnen Panels bzw. Gestaltungselemente (Timing, Schreibdialog, Aktion) können unterschiedlich animiert und eingestellt werden. Wenn man mit seinem Storyboard zufrieden ist, kann man es als Video, PDF, Bilddatei oder Text exportieren.
Praktisches Zubehör für Tablets
- Schutzfolie
- Hülle
- Kondensator
- Lavalier-Mikrofon
- Stativ mit Tablet-Halterung
- Kleines Aufstecklinsen (z. B. 3-in-1-Lens) für visuelle Effekte
Zu einem Projekt mit Tablets gehört immer ein Stativ. So erhält man ruhige und tadellose Aufnahmen. Schöne Bilder kriegt man hin, wenn man im Querformatfilmt. Beim Zoomen leidet die Bildqualität sehr, daher sollte darauf verzichtet werden. Bei verschiedenen Einstellungsgrößen, macht es Sinn eine Szene mehrmals zu drehen. Kleine Aufstecklinsen ermöglichen visuelle Effekte (z. B. Fischauge, Makroaufnahmen), die den Film aufpeppen können. Für bessere Tonaufnahmen lassen sich Adapter, ein Richtrohrmikrofon/Lavalier-Mikrofon oder ein Aufnahmegerät, beispielsweise Micky, nutzen. Die internen Mikrofone der Tablets sind leider beim Drehen von Filmen nicht ganz so gut geeignet.
Für Fans von Action bietet die App Action Movie FX in erster Linie Möglichkeiten des Einsatzes von Spezialeffekten, die man aus Kino und Games kennt. Das Besondere ist, dass man die ausgesuchten Actionelemente direkt in sein Video einbetten kann. Es sind keine Bearbeitungsfähigkeiten erforderlich, Spezialeffekte werden durch Drücken einer Taste unmittelbar sichtbar. Bei der Nutzung der App ist unbedingt auf den Jugendschutz zu achten. In der kostenfreien Version wird Werbung für Games und Filme mit Freigabe USK ab 16 bzw. 18 Jahren eingeblendet. Darüber hinaus sind die Effekte nicht für Kinder geeignet. Am besten vorher selbst ausprobieren und überlegen, ob die App für die Teilnehmenden passt.

Es geht auch ohne Darsteller…
Animationsfilme sind bei Kindern und Jugendlichen gleichermaßen beliebt. Siestellen eine gute Alternative dar, wenn die Teilnehmenden sich nicht selbst vor der Kamera positionieren wollen oder die Eltern das Einverständnis dazu nicht erteilen. Mithilfe der App Stop Motion Studio werden statische Gegenstände nacheinander aufgenommen und miteinander verknüpft. Aus einem gewöhnlichen Fotoalbum wird eine animierte Geschichte hergestellt. Das Arbeiten mit der App ist einfach.
Die App bietet viele zusätzliche Möglichkeiten. Man kann beispielsweise den Autofokus ein- und ausschalten, die Rasteranzeige aktivieren oder den Weißabgleich anpassen. Über das Kamerasymbol mit einem Pfeil nach unten kann man zur Option Greenscreen wechseln, wenn man später einen anderen Hintergrund hinzufügen möchte. (Diese Option ist in der kostenlosen Version der App gesperrt.)
Mit dem Mikrofon-Symbol kann man sofort den Tonaufnehmen und wiedergeben. Außerdem kann man festlegen, ob nur die letzten zwölf Frames angezeigt werden oder das Video als Endlosschleife abgespielt wird, bzw. man kann die Wiedergabegeschwindigkeit selbst auswählen.
Bei wirklich handgezeichneten Animationen produziert eine Künstlerin oder ein Künstler alle Frames, die in einem Video montiert werden. Eine in VideoScribe erstellte Animation kann nur bedingt als handgezeichnet definiert werden, da es sich in Wahrheit um die Nachahmung einer Zeichnung handelt. Die in VideoScribe erstellte Animation zeigt sowohl das Endergebnis als auch den Zeichenprozess selbst.
Um mit dem Programm zu arbeiten, benötigt man keine besonderen künstlerischen Fähigkeiten. Es wird eine große Bibliothek von Vektorbildern mitgeliefert, die man beim Erstellen von Animationen nutzen kann. Darüber hinaus kann man eigene Bilder verwerten, die in das Programm importiert werden (Rasterbilder müssen in das Vektorformat konvertiert werden). Es lassen sich auch Bilder im JPG-, PNG- und im empfohlenen SVG-Format sowie Texte und Ton einfügen. Mit dem Programm wird eine große Anzahl von Hintergrundmusik geliefert. Darüber hinaus kann man über ein Mikrofon aufgenommene Sounds einfügen (Voice-Overs, im MP3-Dateiformat gespeichert).
Eine Animation setzt sich aus verschiedenen Szenenzusammen. Jede Szene besteht wiederum aus den obengenannten Elementen: Bilder + Text + Ton. Nachdem man eine Szene erstellt hat, kann man sie verrücken und eine neue Szene erstellen. Eingefügte Objekte können neu platziert, skaliert (im Bereich von 10 bis 1000 Prozent) und gedreht werden. Für jedes eingefügte Element kann man die Standardeinstellungen oder unterschiedliche eigene Einstellungen (Eigenschaften) verwenden.
Via Bluetooth kann mit diesem Taster das iPad und tastenbedienbare Apps gesteuert werden. Die eine Taste übernimmt die Funktion der Home-Taste, die andere öffnet ein kontextbezogenes Menü, also eine Auswahl der Funktionen die das ausgewählte Objekt hat. Darüber hinaus können zwei weitere Taster angeschlossen sowie die Bildschirmtastatur an- und ausgeschaltet werden. Damit können auch Menschen, die aufgrund ihrer Bewegungseinschränkung keine Touch-Gesten ausführen können, Tablets und Apps nutzen. So kann mit dem Taster z. B. die Kamera und die App iMovie bedient werden und mit dieser assistiven Technik ein Film erstellt werden.
André Naujoks – barrierefrei kommunizieren!
ein Projekt der tjfbg gGmbH
Siebenmorgenweg 6-8
53229 Bonn

Tipps und Hinweise
Es ist ratsam, vor dem Projektstart mit den Kindern und Jugendlichen Regeln für den Umgang mit den Tablets aufzustellen: nicht werfen, nicht draufsetzen und anderen das Tablet ruhig übergeben. Schutzfolien und dicke Hüllen aus Gummi sind sinnvoll investiertes Geld.
Tablets eignen sich hervorragend für die praktische Jugendmedienarbeit. Sie sind einfach bzw. intuitiv zu bedienen. Außerdem lässt sich in der Software kinderleicht einstellen, was Nutzerinnen und Nutzer mit dem Tablet machen dürfen und was nicht. Damit beugt man Ablenkungen vor und kann darüber hinaus vermeiden, dass Jugendliche während des Projekts ins Internet gehen oder Apps installieren. Beim iPad geht das z. B. so:
- Einstellungen > Allgemein > Einschränkungen
- Einen eigenen Entsperr-Code erstellen
- Einschränkungen für einzelne Apps definieren
Manchmal möchte man, dass nur eine ganz bestimmte App genutzt werden kann. Dies erreicht man durch den sogenannten geführten Zugriff (in IOS) und Kiosk-Modus (in Android).
- Einstellungen > Allgemein > Bedienungshilfen (nach unten scrollen)
- Code festlegen zur (De-)Aktivierung des geführten Zugriffs
- Gewünschte App öffnen
- 3x Home-Taste drücken und geführten Zugriff starten
Jetzt kann man die App nur verlassen, wenn man den Code kennt. Man kann auch weitere Sachen definieren, z. B. eine bestimmte Nutzungsdauer. Übertragbarkeit der Daten auf andere Geräte Apple-Geräte können per AirDrop Daten, z. B. Bilder, Word-Dokumente, Audio- und Video-Dateien, austauschen. Die Verbindung erfolgt über Bluetooth und WLAN. Das geht flott, kostet nichts und ist praktisch: Wenn zum Beispiel vier Jugendliche einen Foto-Comic mit einem iPad erstellen, können sie die Fotos in zwei Gruppen bearbeiten und anschließend mit AirDrop an das andere iPad schicken. Nach einem Projekt wird zuerst das Bildmaterialauf dem PC gesichert und anschließend fertig geschnitten. Dabei nutzt man ein Kabel und iTunes oder den Speicherstick-iXpand. Mit Letzterem lassen sich Dateien vom iPhone oder iPad ganz leicht und ohne die Verwendung von iTunes übertragen. Zum Übertragen von Fotos, Musik und anderen Dateien von einem Android- oder Windows- Tablet kann man ein USB-Kabel verwenden.
In der Praxis hat es sich bewährt, ein Technikteam aus drei bis vier Leuten zu etablieren, die neue Apps recherchieren. Es wird besprochen, welche Apps angeschafft werden und welche nicht mehr aktuell sind und deinstalliert werden können.
- Nach einer Projekteinheit werden alle Daten direkt auf einem PC gesichert. Sie verbleiben für den Projektzeitraum jedoch auch auf dem Tablet zur weiteren Bearbeitung z. B. mit einem Schnittprogramm.
- Die übertragenen Daten werden auf dem PC in einem separaten Ordner mit Datum gekennzeichnet und abgelegt.
- Nach Projektende wird das Material von den Tablets und PCs entfernt. Bei PC und iPad werden die Daten auch aus dem Papierkorb bzw. aus dem Ordner „Zuletzt gelöscht“ endgültig entfernt. (Bei Android ist ein erneutes Löschen nicht nötig.)
Das Löschen von Projektdaten ist zum einen wichtig, um genügend Speicherplatz während der laufenden Projektarbeit zur Verfügung zu haben. Der zweite Grund ist der Datenschutz: Das, was in einem Projektpassiert, muss auch in diesem Projekt bleiben!
iMovie ist ein Videoschnittprogramm für iOS. Man bearbeitet damit nicht nur Videos, sondern kann auch Trailer im Hollywood-Stil oder beeindruckende 4K-Filme erstellen. Um einen Film zuschneiden, müssen Videoclips oder Fotos aus der Medienübersicht in die Timeline am unteren Bildrand gezogen werden. Die dort abgelegten Clips können jederzeit verschoben und neu angeordnet werden. Man kann darüber hinaus direkt in der App Videos aufnehmen und diese sofort nutzen. Die Filme können um Textelemente erweitert werden, außerdem gibt es einige Hintergrundmusiken und Soundeffekte zur Auswahl. Der Action Director Video Editor ist ein Videoschnittprogramm für Android-Betriebssysteme. Neben einfachen Filtern für Farbtöne und Sättigung kann man einzelne Sequenzen sogar mit Zeitlupen- oder Zeitrafferfunktionen anschaulich hervorheben. Es lassen sich problemlos Titel oder eine Filmmusik (nicht in der App enthalten) in ein Video einfügen.
Man sollte regelmäßig alle Tablets zurücksetzen:
- Einstellungen > Allgemein > Zurücksetzen> Alle Inhalte & Einstellungen löschen
Am Ende eines Projekts stellt sich die Frage, wie man den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen den fertigen Film für die eigene private Nutzung zur Verfügung stellen kann. Es ist noch nicht lange her, dass man die Projektergebnisse auf einer DVD weitergab. In einer Zeit, in der selbst PCs nicht mehr über DVD-Laufwerkeverfügen, kommt insbesondere die digitale Form der Weitergabe auf das eigene Smartphone, Tablet bzw. den PC infrage. Mithilfe diverser Filehosting-Dienste lassen sich Daten leicht und zum Teil kostenlos weiterleiten. Bei einem Filehoster Up- und Downloads zu tätigen, ist in der Regel sicher. IP-Adressen werden nur für wenigen Stunden zwischengespeichert. Eine schicke Idee ist: Die Teilnehmenden erhalten am Ende eines Projekts eine Urkunde mit einem QR-Code (mit Ablauffrist), der das Herunterladen desfertigen Films ermöglicht.

Olga Kuleshova
Leiterin der medienkulturellen Kinder-und Jugendarbeit im Bürgerhaus Bennohaus Münster.
