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Lightpainting – Malerei mit Licht

Die Fotografie in all ihren Facetten spielt eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft. Weil heute dank Handycam und Digitalkamera jeder und jede die Möglichkeit besitzt, unsere Weltin Bildern festzuhalten, hat die Fotografie deutlich an Bedeutung gewonnen. Besonders Jugendliche nutzen dieses Medium als Dokumentations- und Kommunikationsmittel. Es bietet sich also an, die Fotografie zu nutzen und mit dem Lightpainting eine kreative, vielseitige und im wahrsten Sinne des Wortes leuchtende Technik für die medienpädagogische Praxis aufzugreifen.

Lightpainting oder auf deutsch Lichtmalerei ist eine fotografische Technik, bei der mit Dunkelheit und verschiedenen Lichtquellen gearbeitet wird. Schon Man Ray beschäftigte sich in den 1930erJahren in seiner Fotoreihe Space Writing damit, und auch andere Künstler wie Pablo Picasso oder Eric Staller wurden davon in den Bann gezogen. Doch man muss kein namhafter Künstler sein, um die Lichteffekte zu erzeugen: Die Langzeitbelichtungsfunktion der digitalen Spiegelreflexkamera bietet viele Möglichkeiten, auch mit geringen fotografischen Kenntnissen tolle, effektvolle Bilder zu gestalten.

In dieser Ausgabe der interaktiv plus dreht sich alles um die Durchführung eines Lightpainting-Projekts. Sie soll eine systematische Hilfe bei der Planung sein und Anregungen für vielseitige Ideen bieten.

Leuchtende Umrisse einer Gitarre mit Lichtmalerei auf rotem Hintergrund

Bevor es losgeht…

Ein Projekt kann hinsichtlich des Umfangs ganz unterschiedlich und vielseitig gestaltet werden. Es kann als kurze Einheit in ein paar Stunden durchgeführt werden oder auch über einen längeren Zeitraum angelegt sein. Bei längerfristigen Projekten kann man die medienpädagogischen Schwerpunkte unterschiedlich setzen. So kann die Location oder ein Stadtviertel beispielsweise eine besondere Rolle spielen. In diesem Fall würde man mit einer Gruppe am Tag den Weg erarbeiten und überlegen, was und wen man wo bei Dunkelheit in Szene setzen möchte. Alternativ kann man den Fokus auf die Lichtquellen legen. Hier besteht die Möglichkeit, Taschenlampen und andere unterschiedliche Lichtquellen kreativ auszuprobieren, um schließlich mit Effekten zu experimentieren. Um das richtige Projekt für den eigenen Bedarf zu planen, sollten folgende Punkte beachtet werden, die im Anschluss hier in dieser interaktiv plus genauer unter die Lupe genommen werden.

  • In welchem Zeitraum soll das Projekt stattfinden?
  • Mit welcher Zielgruppe arbeite ich?
  • Mit welchen technischen Mitteln möchte ich arbeiten?
  • Welche Hilfsmittel setze ich ein?
  • Was für ein Budget steht mir zur Verfügung?
  • Wo soll das Projekt stattfinden?
  • Wie sollen Ergebnisse aussehen?
  • Wo und wann möchte ich die Ergebnisse präsentieren?

Die Lichtmalerei bietet in Abhängigkeit von der Gruppe sowie den technischen und örtlichen Begebenheiten unterschiedliche Möglichkeiten der Projektgestaltung. Hat man nur ein paar Stunden Zeit, kann man einen Raum abdunkeln und Taschenlampen zur Verfügung stellen, um kleine Kunstwerke mit Licht zu entwerfen. Interessanterund aufwendiger wird die Projektplanung allerdings, wenn im Vorfeld die sogenannte „Performance“ gedanklich ausgearbeitet wird. Als Performance bezeichnet man in diesem Fall die Malerei, den Schriftzug oder was man sonst mit Licht auf dem Bild gestalten möchte. Natürlich soll den Teilnehmenden nichts aufgezwungen werden, aber man kann bestimmte Örtlichkeiten oder Techniken vorschlagen, denn es ist nie verkehrt, die Fantasieanzuregen. Im besten Fall hat man das, was man vorhat zu vermitteln, selbst bereits durchprobiert.

Wie bei allen Projekten ist es sinnvoll sich im Vorfeld klarzumachen, mit welchen Menschen man ein Projekt durchführt und was man erreichen möchte. Bietet man beispielsweise eine Station auf einer Fortbildung, einem Fest odereinem Workshop an und hat eventuell wechselnde Teilnehmende, dann stehen der Spaß, kleine Ergebnisse und das Ausprobieren wahrscheinlich im Vordergrund. Führt man das Projekt hingegen mit einer festen Gruppe vor Ort durch, dann könnte man auch Themen vorgeben und vertiefen.

Ein Lightpainting-Projekt kann sich beispielsweise mit der Frage „Was bedeutet Glück für mich?“ befassen und es entstehen Bilder zum Thema Glück. Eine weitere Frage, die man sich als Fachkraft stellen sollte, ist: „Was kann man einer Zielgruppe zumuten?“ Arbeitet man beispielsweise mit kleineren Kindern, kann man natürlich nicht nachts durch die Stadt ziehen, sondern man nutzt besser einen geschützten Raum. Auch bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung muss man Dinge im Vorfeld bedenken: Z.B. die Barrierefreiheit der Räume. Die Betreuungsintensität und die Gruppengröße bestimmen, wie viele Personen als Unterstützung benötigt werden. Lightpainting bietet viele Chancen, kreativ zu werden. Manchmal kann es sinnvoll sein, den Teilnehmenden ein paar Anregungen in Form von einfachen Aufgaben zu liefern, um die Möglichkeiten des Lightpainting aufzuzeigen und die Fantasie anzuregen. Dabei können verschiedene Techniken und Hilfsmittelverwendet werden.

  • Schreibe deinen Namen mit einer Farbe deiner Wahl.
  • Umrahme jemanden aus der Gruppe mit Licht.
  • Verwandle jemanden aus der Gruppe in einen Engel, indem du ihn umrandest und ihm Flügel malst.
  • Versuche, eine Person mehrmals im gleichen Bild zu erleuchten.
  • Stelle jemanden aus der Gruppe als mutigen Kämpfer dar, indem du ihn umrandest und ein Schwert malst.

Lichtmalerei kann man an unterschiedlichen Orten ausprobieren. Jeder dunkle Raum, der etwas Platz für Bewegung bietet, eignet sich, um mit Licht zu experimentieren. Außerdem gibt es die Möglichkeit, besondere Orte als Kulisse auszuwählen und Bilder zu inszenieren. Bei diesen Bildkompositionen ist es ratsam, als Grundausrüstung mindestens zwei Lichtquellen zu nutzen: Ein starkes Licht, um den Hintergrundauszuleuchten, der sonst einfach nur schwarz wäre, und wenigstens ein weiteres Licht, beispielsweise eine Taschenlampe, für die Performance.

Besondere Orte könnten sein:

  • Gebäude
  • Straße
  • See
  • Tunnel
  • Wald
  • Steinbruch

Technische Ausstattung

Die technische Grundausstattung für Lightpainting besteht aus folgendem Equipment:

  • Digitale Spiegelreflexkamera
  • Stativ
  • Fernbedienung/Selbstauslöser
  • Taschenlampe
  • Lichtquellen

Sinnvolle Erweiterungen sind:

  • weitere Lichtquellen
  • Fernbedienung für die Kamera
Zusammenstellung verschiedener Technik auf einem Holztisch: Stativ, Kamera, Taschenlampen, Leuchtstäbe, Handy und Fernbedienung

Obwohl es die Möglichkeit gibt, die Kamera um eine Lichtquelle zu bewegen, wird sie in den meisten Fällen auf einem Stativ fixiert und stattdessen mit den Lichtquellengearbeitet. Geeignet ist ein Dreibeinstativ, das einen guten Halt bietet; man kann aber auch kleine flexible Modelle verwenden. Für das Lightpainting sollte die Kamera auf den manuellen Modus eingestellt sein, denn im Autofokus kann es passieren, dass Licht nicht erkannt und dann allesunscharf wird. Damit später alles klar zu sehen ist, wird nun dort, wo die Performance stattfinden soll, die Schärfegezogen – wenn möglich, sollte dies im Hellen geschehen.

Durch die Öffnung der Blende wird mehr Licht ins Objektiv gelassen. Für die Lichtfotografie bedeutet das: Wenn die Lichtquelle stark ist, sollte man die Blende weiterschließen, um weniger Licht reinzulassen. Bei einer schwachen Lichtquelle, beispielsweise dem dünnen Schriftzugeiner Taschenlampe, kann die Blende wieder mehr geöffnet werden. Beim Ausprobieren kann man ruhig mit einer hohen Blende starten, beispielsweise mit f/9 oder f/11.

Die Belichtungs- oder auch Verschlusszeit bestimmt, wie lange der Verschluss während der Aufnahme geöffnet bleibt. Für Lightpainting benutzt man eine Langzeitbelichtung, um die Bewegungsabläufe der Performancesichtbar zu machen. Häufig findet man in den Einstellungen für die Verschlusszeit nach 30 Sekunden die Einstellung „B“. Diese Abkürzung steht für „Bulb“. Im Bulb-Moduskann man mit einem Fernauslöser selbst entscheiden, wie lange die Kamera belichten soll, sodass man Langzeitbelichtungen bis zu einer Minute oder auch wesentlich länger nutzen kann. Wie lange letztendlich die Belichtungszeit sein soll, kommt auf die Performance an– hier kann man einfach ein bisschen experimentieren. Bei der Langzeitbelichtung sollte die Rauschunterdrückung eingestellt werden. Dadurch wird nach dem eigentlichen Foto ein zweites Foto erstellt, ein sogenannter Darkframe. Bei dieser automatischen zweiten Aufnahme bleibt der Verschluss geschlossen, aber alle Einstellungen desersten Fotos sind gleich, weshalb der Darkframe genauso lange wie die eingestellte Belichtungszeit der Performance dauert. Mithilfe der Rauschunterdrückung werden Fehlsignale erkannt und aus dem Bild herausgerechnet.

Der ISO-Wert bestimmt die Empfindlichkeit des Kamerasensors, wobei ein hoher Wert eine hohe Empfindlichkeit bedeutet. Beim Lightpainting sollte der ISO-Wert manuell auf den niedrigst möglichen Wert eingestellt werden; in den meisten Fällen ist dies – je nach Kamera – 100 oder 200.

Eine Fernbedienung für die Kamera ist auf jeden Fall eine Erleichterung beim Lightpainting. Natürlich kann man bei einem Projekt die Aufgaben aber auch so verteilen, dass jemand für den Auslöser verantwortlich ist; gerade bei einer Gruppe bietet dies sich an. Ein Selbstauslöser kann ebenfalls zum Einsatz kommen.

Technische Maßnahmen:

  • Stativ und ggf. Selbstauslöser vorbereiten
  • manuellen Modus einstellen
  • manuell Schärfe einstellen
  • Belichtungszeit mit 25 Sekunden starten
  • niedrigen ISO-Wert wählen (100 oder 200)

Die Leuchtmittelgrundausrüstung für die Lichtmalerei ist eine einfache Taschenlampe, mit der sich bereits viele Möglichkeiten der Fotogestaltung realisieren lassen. Spannender wird es aber, wenn man mit verschiedensten Lichtquellen arbeitet. Zunächst kann man einfachsolche nutzen, die man ohnehin zu Hause hat: Vom Fahrradlicht bis zum leuchtenden Hundehalsband ist alles einsetzbar.

Im Folgenden einige mögliche Lichtquellen:

  • Taschenlampe
  • Stirnlampe
  • Fahrradlicht
  • Handy
  • Wunderkerzen
Verschiedene Lichtquellen auf einem Tisch: Taschenlampe, bunte Leuchtstäbe, Disco-Licht

Tipps und Hinweise

Grundsätzlich sollte man als Projektleitende, wie schon erwähnt, vorher selbst zur Taschenlampe greifen und kreativ werden, um ein Gefühl für die Variationen und die Kameraeinstellungen zu bekommen. Außerdem können bekannte Künstler Inspirationen liefern. Einer dieser Künstler ist Patrick Rochon, der in seinen Werken unter anderem Autos und Menschen mittels Lightpainting in Szene setzt. Im Folgenden sollen Ideen aufgeführt werden, die sich für Einsteiger gut eignen. Ebenso findet man auf YouTube zahlreiche Anregungen und gut gemachte Videos, in denen einzelne Varianten detailliert erklärt werden. Von dort aus gelangt man zu weiteren Seiten, die als Inspiration für die eigene Projektgestaltungdienen können.

Es ist möglich, mit der Lightpainting-Technik zu schreiben. Allerdings erfordert dies einige Übung, denn es muss spiegelverkehrt geschrieben werden, weil man mit der Taschenlampe in Richtung Kamera zeigt und sozusagen hinter dem Schriftzug steht.

Da der Kreativität bei der Lichtmalerei kaum Grenzen gesetzt sind, kann einfach drauflosgemalt, -gezeichnet und -experimentiert werden.

Ergebnis von Lichtmalerei: eine Person wurde mit Leuchtmitteln dargestellt.

Schöne Effekte entstehen, wenn man Menschen oder Gegenstände ins Licht rückt und mit einer Performance in Szene setzt. Beispielsweise können Flügel, Kronen oder ein Hintergrund geschaffen werden.

Flügel entstehen bei einer Performance von Jason D.Page (englisch/5:53 Min.):

www.youtube.com/watch?v=5won0EEMi2o

Person wird mit Lightpainting-Brushes in Szenegesetzt – von LightPaintingPhoto (englisch/5:11 Min.):

www.youtube.com/watch?v=ADmLXFEkeF4

 

Besondere Effekte entstehen oft durch die gewählten Lichtquellen. Es gibt professionelle, extra entwickelte Technik als Zubehör für Lightpainter, beispielsweise einen Pixelstick (ca. 400 Euro). Wer klein einsteigen möchte, findet allerdings auch genügend Lichtquellen im Haushalt oder kann mit selbst gebauten Lichtquellen kreativ werden. Ein Video von Luneman – Light Painting Artist über Lichtquellen, die man im Haushalt findet und nutzen kann (deutsch/5:41 Min.):

www.youtube.com/watch?v=Xpj0fsVl_u8

Eine Fachkraft hält eine selbstgebaute Lichtquelle in den Händen: ein großer Holzstab, an dem LED-Lichter angebracht sind.

Im Bereich der Lichtmalerei gibt es einige bekannte Formen, die gern genutzt werden, weil sie eine tolle Wirkung haben. Beispielsweise „Dorms“, die wie Halbkugeln auf dem Boden aussehen und die man mit präparierten Fahrradreifen erzeugen kann, oder auch der sogenannte „Orb“, eine 360-Grad-Kugel.

Benjamin Jaworskyj zeigt, wie man Dorms erzeugt und fotografiert (deutsch/9:03 Min.):

www.youtube.com/watch?v=_fX0Ye21bME

LightPaintingPhoto erklärt, wie Orbs entstehen (englisch/5:04 Min.):

www.youtube.com/watch?v=uXID_HqdmxE

Janne Parviainen erklärt auf Light Painting Blog, wie er mit kleinen LED-Lichtern Personenkreiert (englisch/4:22 Min.):

www.youtube.com/watch?v=LPnh8cBKkYo

Benjamin Jaworskyj beschreibt, was alles mit einem Fahrradreifen möglich ist (deutsch/4:44 Min.):

www.youtube.com/watch?v=TQHzLLeM-fo

Bei vielen Projekten geht leider die abschließende Präsentation ziemlich unter, beim Lightpainting hingegen bietet sich die Möglichkeit, einerseits die öffentliche Aufmerksamkeit auf die entstandenen Werke zu lenken und andererseits den Teilnehmenden selbst noch mal vor Augen zu führen, was sie geschaffen haben. Die interessanten und außergewöhnlichen Ergebnisse eines Lichtmalerei-Projekts können beispielsweise ausgedruckt, signiert und in einer Ausstellung präsentiert werden. Auch eine Beamerprojektion mit Musik oder Audiokommentaren unterlegt, kann eine tolle Atmosphäre bei der Veröffentlichung schaffen.

Um Eltern, Freunden oder interessierten Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck von derLightpainting-Technik zu vermitteln, könnte am Präsentationstag eine kurze Lightpainting-Aktion in den Ablauf eingebaut werden – oft sind Freunde und Interessierte begeistert und Eltern beeindruckt, wenn die Kinder diese ausgefallene fotografische Technikerklären können. Außerdem bietet es sich an, Bilder aus einem Projekt im Internet zu veröffentlichen – vorausgesetzt, die Teilnehmenden stimmen dem zu. Probleme mit personenbezogenen Daten gibt es dabei üblicherweise nicht, denn meist sind keine Personen erkennbar.

Ramona Schösse
hat Kultur- und Medienpädagogik studiert und ist im Jugendzentrum Die Welle gGmbH in Remscheid verantwortlich für den Medienbereich. Außerdem hat sie die Ausbildung zum Inklusions-Scout im Rahmen von nimm! Netzwerk Inklusion mit Medien absolviert. Ein besonderes Anliegen ist für sie der kreative Umgang mit Medien.

 

 

 

Ramona Schösse