Podcasts in der Jugendmedienarbeit
Vorwort
Unsere Praxiserfahrungen zeigen, dass sich Podcasts gut als inklusives Medienangebot eignen, da die Kommunikation untereinander sowie das Abstimmen von Themen und Positionen innerhalb des Gruppensettings die Kommunikationsfähigkeit, die Selbstbestimmung und den respektvollen Umgang miteinander stärken. Zudem fallen bei der Produktion eines Podcasts verschiedenste Aufgaben an, sodass für jede*n – den eigenen Fähigkeiten entsprechend – etwas dabei ist. Wichtig ist es, alle teilnehmenden Personen mit einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie beispielsweise hören, lesen oder schreiben können – denn das ist für die Produktion eines Podcasts nebensächlich.
Ein Podcast ist eine Serie bestehend aus mehreren Mediendateien (Audio und/oder Video), die abonniert, gestreamt und heruntergeladen werden können. Das zahlreiche Angebot an Podcasts spricht viele verschiedene Menschen an. Viele Influencer*innen, Blogger*innen, Medienschaffende, Expert*innen sowie Bekannte aus Film und Fernsehen nutzen das Medium Podcast, um näher bei ihren Follower*innen zu sein und über Privates, Unterhaltsames, Wissenschaftliches oder über Politisches zu sprechen. Aus diesem Grund setzen sich immer mehr Jugendliche mit diesem Medium auseinander. Um Jugendliche mit dem Thema Podcast vertraut zu machen, kann deren eigenes Smartphone als Werkzeug dienen, um ihrer Stimme Ausdruck zu verleihen. Zudem gibt es einige Tipps und Tricks, die jede*r kennen sollte.
In dieser Ausgabe der interaktiv plus möchte ich euch zeigen, wie ihr einen Podcast kostengünstig, gut, einfach und inklusiv gestalten könnt.

Vor dem Projekt
Projekte zum Thema Podcast können sich an alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen ab 6 Jahren richten.
Um das Angebot so inklusiv wie möglich zu gestalten, sollte Einfache bis Leichte Sprache verwendet werden. Zusätzlich sollte es stets ein Plakat mit allen zu bearbeitenden Punkten geben. Diese werden mit gemeinsam gestalteten Piktogrammen und kurzen Stichpunkten versehen. Hier können lizenzfreie Bilder von Pixabay (https://pixabay.com/de) hilfreich sein. Die bildliche Sprache in Form von Piktogrammen ermöglicht Menschen mit einer Lernbehinderung eine einfachere Teilhabe. Um die erstellten Plakate barriereärmer zu gestalten kann ein Anybook-Audiostift verwenden werden. Der Anybook-Audiostift ist ein Sprachaufnahme- und wiedergabegerät in handlicher Stiftform. Mit den dazugehörigen Stickern können eigene Inhalte aufgenommen und durch erneutes Antippen mit dem Stift wieder abgespielt werden. Das von der Gruppe erstellte Plakat kann mit mehreren dieser Sticker versehen und so auch für Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich gemacht werden.
Da ein Podcast aus mehreren Episoden besteht, sollte die jeweilige Folge nicht länger als 5–8 Minuten dauern. „Wie viele Folgen sollen produziert werden?“ und „Zu welchen Terminen werden die Podcast-Folgen veröffentlicht?“ sind Fragen, die im Voraus geklärt werden müssen. Auch der Inhalt des Podcasts sollte im Vorfeld festgelegt werden. Die betreuende Person sollte mindestens eine Idee vorab vorbereitet haben, falls von den Jugendlichen mit und ohne Behinderungen kein Thema vorgeschlagen wird. Das kann für die erste Folge ein Einleitungs-Podcast über das Jugendzentrum oder das Wohnviertel sein. „Was passiert gerade in meinem Stadtteil?“, „Ich erzähle euch was über unser Jugendzentrum“, „Wie kann ich mich umweltpolitisch engagieren?“ und „Welche Rechte haben Kinder und Jugendliche?“ sind nur einige Beispiele, die hier als Thema dienen können. Außerdem empfiehlt es sich, sich als betreuende Person vorab mit dem Thema Podcast vertraut zu machen. Hilfreich sind hier das kurze YouTube-Video: „Was ist ein Podcast und wie funktioniert es?“ und der Artikel „Das sind Podcasts und hier finden Sie sie“.
Zudem ist es wichtig, Geräte und Materialien, die benutzt werden sollen, zuvor aufzuladen und bereitzulegen. Vorab kann mit den Jugendlichen mit und ohne Behinderung geklärt werden, ob sie Interesse an einem selbst gebauten Studio haben, um das Thema Podcast noch spannender zu gestalten. Das heißt, dass die Materialien in einem Raum gelagert sowie Tische und Stühle zusammengestellt werden und das Mikrofon aufgestellt wird. Auch ein „Bitte nicht stören – Aufnahmen“-Schild für die Tür ist ratsam, damit die Podcast-Aufnahme möglichst ungestört ablaufen kann.
Um einen Podcast produzieren zu können, sind mindestens ein Smartphone sowie ein separates Mikrofon nötig. Für eine bessere Tonqualität sollte man statt eines Smartphones jedoch eher ein Tablet nutzen. Für die Aufnahme der Audiodateien ist die interne Sprachmemo-Funktion auf dem Smartphone bzw. dem Tablet völlig ausreichend. Anschließend wird ein PC oder Laptop benötigt, um z. B. mit Audacity, einer kostenfreien Software, die aufgenommenen Audiodateien zu schneiden und – sofern gewünscht – mit Musik zu unterlegen. Die Bestimmungen des Urheberrechts und der Erwerb von entsprechenden Lizenzen sind dabei zwingend zu berücksichtigen. Die folgende Publikation kann hilfreich sein, um richtig mit Musik in Veröffentlichungen umzugehen: Rechteklärung bei Nutzung von Musik in der Jugendmedienarbeit
In NRW gibt es eine weitere Alternative: ein kostenloser Upload des Podcasts auf www.nrwision.de. Die Plattform hat eine Vereinbarung mit der GEMA und ermöglicht so auch die Verwendung von GEMA-lizenzierter Musik. Außerdem steht hier ein:e Ansprechpartner:in für Nachfragen zur Verfügung.Einfach mal ausprobieren! Sollte mit Geräten von Apple gearbeitet werden, bietet sich zum Bearbeiten der Aufnahmen die kostenlose Software iMovie an. Diese beinhaltet kostenfreie Songs, Töne und Effekte, die lizenzfrei verwendet werden dürfen. Die Tonspuren können intuitiv geschnitten und hin und her gezogen werden. Zum Schluss wird die Datei als praktische MP3-/MP4-Datei gespeichert. Alle Töne und Musik von iMovie müssen nicht als Werbung gekennzeichnet werden und stehen zur freien Verfügung.Mit iMovie kann man durch das Hinzufügen von Untertiteln Menschen mit einer Hörbehinderung eine Teilhabe am Podcast ermöglichen.
Leitfaden zur Durchführung der Projektidee
- Was möchten wir mit unserem Podcast erreichen?
- Wo kann ich meinen Podcast veröffentlichen?
- Welche Musik/Geräusche dürfen wir verwenden?
- Welche Technik benötigen wir?
- Wie viele Podcast-Folgen möchten wir produzieren?
- Wie heißt unser Podcast?
Um mit den Jugendlichen mit und ohne Behinderung ein Konzept auszuarbeiten, müssen diese Fragen im Vorfeld geklärt werden. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Es ist hierbei wichtig, für alle Kinder und Jugendlichen einen barrierearmen Zugang zu schaffen.
Wie zu Beginn erwähnt, können Piktogramme gemeinsam mit den Jugendlichen erstellt oder auf Pixabay Bilder zusammengesucht werden. Auch der bereits zuvor erwähnte Anybook Reader kann verwendet werden, um den Jugendlichen beim Bearbeiten ihrer Aufgabe zu helfen. Für die optimale Nutzung des Anybook Vorlesestifts gibt es auf der Seite www.leichte-sprache.org Tipps zur Verwendung von Einfacher bis Leichter Sprache. Zum Einstieg könnte mit den Teilnehmenden auch ein Geräusche-Quiz erstellt und durchgeführt werden, um sie an das Thema Audio heranzuführen und gemeinsam mit ihnen herauszuarbeiten, wie unterschiedlich Tonqualitäten von Aufnahmen sein können. Was bei einem Podcast-Workshop hilfreich sein kann, ist eine klare Strukturierung des Tages – das heißt, dass vor jeder Folge ein überschaubarer und für alle verständlicher Plan erstellt wird, der aufzeigt, welche Rolle jede teilnehmende Person übernimmt. Um Menschen mit einer Hörbehinderung den Zugang und die Beteiligung an der Erstellung des Podcasts zu ermöglichen, können sie vor dem Aufnehmen z. B. Texte bzw. Skripte verfassen.
- Welches Thema möchtet ihr heute bearbeiten?
- Wer übernimmt die Planung?
- Wer recherchiert über das Thema?
- Wer übernimmt die Moderation?
- Wer baut die Technik auf und kümmert sich um die Aufnahmen und den Schnitt?
Sobald diese Fragen geklärt sind, kann die detaillierte Arbeit am Podcast beginnen. Podcasts haben in der Regel ein In- und Outro. Diese sorgen für einen gewissen Wiedererkennungswert des Podcasts. Zwar sollte der Fokus nicht vorwiegend darauf liegen, sondern auf dem Inhalt jeder einzelnen Folge, jedoch ist es trotzdem ratsam, über ein In- und Outro nachzudenken, um dem Podcast eine individuelle Note zu verleihen. In einer Podcast-Folge kann es wichtig sein, eine moderierende Person zu haben. Hierbei sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen, in welcher Form ein Podcast aufgebaut werden soll. Ein Podcast kann zum Beispiel in Form eines Interviews mit einer Moderation sehr gut funktionieren. Alternativ können sich 2–3 Jugendliche in einen Raum setzen und über ein Thema ihrer Wahl diskutieren. So entsteht dann eine „Talkrunde“. Der Austausch über bestimmte Themen innerhalb des Podcasts kann den Hörer*innen dabei helfen, sich selbst und ihre Haltung zu diesen besser zu reflektieren.
Sobald die erste Podcast-Folge online abrufbar ist, sollte die Gruppe – auch im Hinblick auf eventuell bereits erhaltenes Feedback – darüber nachdenken, wie es weitergehen könnte. Hierbei könnten sich die Teilnehmenden in kleinere Arbeitsgruppen aufteilen, die jeweils verschiedene Aufgabenschwerpunkte übernehmen, z.B.: Termine zum Hochladen, Musik und Toneffekte, die Themen für die nächste Folge oder auch Werbung auf Social-Media-Kanälen. Die Ergebnisse können zur Orientierung auf einem Plan festgehalten werden. Es sollte auch hier wieder auf eine für alle verständliche Gestaltung geachtet werden, damit alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, sich an diesem Plan zu orientieren. Die Gruppe könnte sich außerdem regelmäßig zu Reflexionsrunden treffen, um Unstimmigkeiten und/oder andere Anliegen zu klären. Dabei gäbe es ausreichend Zeit, um sich die Podcast-Folge noch mal gemeinsam anzuhören und unter folgenden Punkten zu bewerten:
- Ist die Musik gut auf das Thema abgestimmt?
- Ist über das Thema ausreichend recherchiert worden?
- Sollten einige Stellen herausgeschnitten oder gekürzt werden?
- Ist für die Hörer*innen alles verständlich/ gut erklärt?
Auch Teilnehmer*innen mit einer Sehbehinderung können und sollten den Podcast als Expert*innen in eigener Sache probehören, um ihn nochmals auf Aspekte wie Lautstärke, Verständlichkeit und Tonqualität zu prüfen. Dies sollte vor jedem Herausgeben einer Podcast-Episode erfolgen. Einen Podcast zu produzieren und zu veröffentlichen, kann für eine Gruppe viel Arbeit bedeuten – der Spaß an der Sache sollte aber natürlich stets im Vordergrund stehen.
„Dann nur noch die Werbetrommel rühren und wir sind berühmt“. – Da nicht alle Menschen auf Social-Media-Plattformen vertreten sind, ist es wichtig, einen breiten Zugang zu den erstellten Podcast-Folgen zu schaffen. Aus diesem Grund können diese kostenfrei auf NRWision hochgeladen werden.
Dies geht in drei einfachen Schritten:
Schritt 1 als Produzent:in registrieren
Schritt 2 Beitrag hochladen
Schritt 3 Podcast veröffentlichen
Der Link zum Podcast kann anschließend auf der Homepage der Einrichtung eingebettet werden. Werbung ist auch für einen Podcast nötig, denn ohne sie gibt es keine Hörer*innen. Deshalb sollte die Gruppe sich ein spannendes Marketingkonzept für die Bewerbung ihres Podcasts auf ihren Social-Media-Kanälen einfallen lassen. Darüber hinaus können Flyer und Poster gestaltet und in der Einrichtung und in der Stadt ausgehängt werden. Diesbezüglich gilt es zu beachten, dass Plakate nicht einfach so irgendwo aufgehängt werden dürfen, sondern dass man beim entsprechenden Geschäft bzw. bei der Stadt im Vorfeld anfragen muss. Wichtig ist auch, dass die Herausgeber*innen der Podcast-Folge die Zielgruppe mit ihrer Werbung erreichen – daher sollten sie sich immer wieder die Frage stellen: Würde ich die Werbung hier wahrnehmen? Würde ich selbst auf diese Werbung reagieren?
Hinweise
- Eigenes Smartphone kostenfrei
- (Tablet und Schutzhülle) (gebraucht 200-300 €)
- Audacity kostenfrei
- (iMovie) (kostenfrei)
- Mikrofon 20-30 €
- NRWision kostenfrei
- (Anybook-Stift) 85 €
Melanie Leusch
Inklusions-Scout bei Nimm! Netzwerk Inklusion mit Medien
Seit 2013 arbeitet sie in der Inklusiven OT Ohmstraße in Köln-Porz (www.inklusive-ot-ohmstrasse.com) und ist dort in den Bereichen Medien- und Mädchenarbeit tätig. Ihre Schwerpunkte sind Workshops in der inklusiven und kreativen Medienarbeit, u.a. Tablet-Führerscheine, Comic-Workshops, das Erstellen von Hörspielen und Greenscreen-Videoarbeiten.
